Description par Johann Jacob Volkmann des châteaux de Saint-Germain-en-Laye
- 45
- Pièce
- 1787
Fait partie de Corpus numérique sur l'histoire du château et des jardins de Saint-Germain-en-Laye
« [p. 485] St. Germain-en-Laye liegt auf einer Anhöhe an der Seine, ohngefähr eine Stunde von Marly. Es ist ein altes bekanntes königliches Lustschloß, welches von dem Walde, ehemals Ledia oder Laya genannt, den Beynamen behalten hat. Die kleine darzu gehörige Stadt ist artig, und gut gepflastert. Die lage des Schlosses ist vortreflich, und die just wegen ihrer Reinigkeit sehr gesund. Ludwig XIV hätte bey diesen Vortheilen hier mit halben Kosten etwas weit vortreslicheres ausführen können, wenn ihn sein Eigensinn nicht bewogen hätte, den [p. 486] platten sumpfigen Boden von Versailles vorzuziehen. Dazu kam, daß man von hier den Thurm von St. Denys sieht, und der große Ludwig wollte den Ort der königl. Begräbnisse nicht immer vor Augen haben, der ihn an seine Sterblichkeit erinnern mußte.
Man trifft hier zwey Schlösser an, das alte und das neue. Das alte ward schon von Ludwig VI als eine Fortresse angelegt, in den folgenden Zeiten aber von den Englandern zerstört. Franz I stellte es wieder her, und Ludwig XIV vergrößerte es mit fünf großen Pavillons. Das neue Schloß liegt etliche hundert Schritte davon, und ward von Heinrich IV aufgeführt. König Jacob II von England wohnte nach seiner Verjagung viele Jahre auf dem alten Schlosse, und beschloß hier auch 1718 sein leben. Von dem neuen sieht man nicht viel mehr, weil der Graf von Artois, dem es gehört, es abtragen, und ein schönes Gebäude aufführen laßt. Die Kapelle des alten Schlosses ist wegen ihrer guten Gemälde merkwürdig. Das heil Abendmahl auf dem Hauptaltare rührt von Poussin her, und in der Sakristey sieht man zwey vom Kardinal hieher geschenkte Stücke, nemlich eine betrübte Maria, von Hannibal Caracci, und Maria, welche dem Kinde die Brust reicht, von Corregio. Neben der Maria bläst ein Kind Kohlen an, darauf ein Suppentopf steht.
Der Garten ist ein Bild der Vergänglichkeit ; die Terrassen, welche nach der Seine hinab gehen, sind gewölbt, fallen aber nach und nach ein. Bey dem alten Schlosse ist ein großes Rasenstück, welches noch von der Henriette d Angleterre, Gemalinn des Bruders von Ludwig XIV herrührt, und der erste Boulingrin ist, welcher als Nachahmung des Englischen Geschmacks in Frankreich angelegt worden. [p. 487] Was aber allein eine Reise nach St. Germain verdient, ist die berühmte Terrasse, vielleicht die größte, und wegen der herrlichen ausgebreiteten Aussicht eine der schönsten in der Welt. Sie ist 1200 Klaftern lang und 15 breit. Auf der einen Seite läuft der Wald von St. Germain hin, welcher 5700 Acker enthält, und dem Könige häusig zur Jagd dient, und auf der andern verfolgt man durch eine unabsehliche Ebene den Laus der Seine, und übersteht eine Menge Schlösser, Landhäuser, Dörfer und Städte in der sruchtbarsten Gegend. Was für Vortheile bot hier die Natur dar, wenn unvernünftige Schmeichler Ludwig XlV nicht beredet hätten, er könne sie zwingen, und die wilde Gegend von Versailles in einen Feen Aufenthalt verwandeln ! »
Volkmann, Johann Jacob